Seit der Aids-Epidemie in den 1980er Jahren gab es mehrere medizinische Durchbrüche in der Behandlung von HIV und Aids, ebenso in der Prophylaxe. Verschwunden sind die Ansteckungsrisiken aber nicht. Nach heutigem Wissensstand sind HIV und Aids behandelbar, jedoch nicht heilbar. Darum sind drei Dinge nach wie vor wichtig: die Risiken kennen, sich eigenverantwortlich schützen und wissen, was bei einer Risikosituation zu tun ist.
Neue Safer-Sex-Regeln
Dank medizinischer Fortschritte haben sich auch die Safer-Sex-Regeln weiterentwickelt, die über die Benützung von Kondomen hinausgehen. Diese Safer-Sex-Regeln helfen Ihnen, sich vor HIV zu schützen:
Kondome bei Analsex, Vaginalsex und Sextoys
Die Kondome müssen intakt sein. Das heisst, sie dürfen nicht alt, abgelaufen, benutzt oder porös sein. Zudem müssen Sie Kondome richtig anwenden, um einen zuverlässigen Schutz zu erreichen.
Mehr zum Schutz mit Kondomen
PrEP (= Prä-Expositions-Prophylaxe) als zuverlässiger Schutz vor HIV
Die PrEP ist ein vorbeugendes Medikament, das HIV-negative Personen zum Schutz vor HIV einnehmen. Die PrEP schützt wie das Kondom vor HIV. Allerdings muss die Einnahme unter ärztlicher Kontrolle und nach einem festgelegten Schema erfolgen. Achtung: Nehmen Sie keine PrEP ohne ärztliche Begleitung.
Mehr zur PrEP
TasP bzw. #undetectable
Beide Begriffe meinen den Schutz vor HIV dank wirksamer HIV-Therapie. TasP ist die Abkürzung für «treatment as prevention», auf Deutsch: Therapie als Prävention. Der Begriff «undetectable» bedeutet, dass die Virenlast von HIV-Betroffenen unter der Nachweisgrenze liegt. Das heisst, es lassen sich keine HI-Viren nachweisen (= undetectable). HIV-positive Menschen unter der Nachweisgrenze sind somit nicht mehr ansteckbar, auch nicht beim Sex ohne Kondom.
Mehr zum Schutz durch Therapie
Wann besteht ein HIV-Risiko?
Zu HIV-Risiken zählen:
- ungeschützter Anal- und Vaginalverkehr (auch nur kurzes «Dipping» bzw. Eintauchen)
- geteilte Utensilien beim Drogenkonsum (z. B. Spritzen)
- Geburt und Stillen
Kein HIV-Risiko besteht in diesen Fällen:
- Händedruck, Umarmungen
- Arbeiten und Zusammenleben mit HIV-positiven Menschen bzw. Menschen mit Aids
- Anhusten, Anniesen
- gemeinsames Benutzen von Geschirr, Besteck, Handtüchern, Bettwäsche, Zahnbürsten, Rasierklingen, Toiletten
- Betreuen und Pflegen von HIV-positiven Menschen bzw. Menschen mit Aids
- Erste-Hilfe-Massnahmen, medizinische und kosmetische Behandlungen, sofern die hygienischen Vorschriften eingehalten werden: Dazu zählen Zahnbehandlungen, Maniküre, Pediküre, Haareschneiden, Barbierbesuche, Piercen und Tätowieren (fragen Sie hier nach dem Hygiene-Protokoll und Einwegnadeln, da beim Tätowieren ein Hepatitis-C-Risiko besteht).
- Sauna-, Fitness- und Schwimmbadbesuche
- Küssen, Streicheln und Oralsex
- Insektenstiche
- Schweiss, Speichel und Tränen
- Wunde, Aphte im Mund
- Kot, Urin (bei Kontakt mit Kot besteht ein Hepatitis-A-Risiko; dagegen können Sie sich impfen lassen)
- herumliegende Spritzen (HI-Viren sind an der Luft nicht mehr infektiös; bislang ist weltweit noch nie eine Infektion über herumliegende Spritzen nachgewiesen worden)
Zum Oralsex erhalten wir in Beratungen häufig Fragen zum HIV-Risiko: Beim Lutschen oder Lecken des Penis, der Scheide oder des Afters gibt es praktisch kein HIV-Risiko, sogar wenn Sperma, Vaginalflüssigkeit oder Menstruationsblut in den Mund gelangen. Denn die Mundschleimhaut ist sehr stabil und bildet so eine natürliche Barriere gegen HI-Viren. Weltweit sind nur wenige Fälle beschrieben, in denen es auf diesem Weg zu einer HIV-Infektion kam.
Safer Sex schützt nicht vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STI)
Wichtig zu wissen: Andere sexuell übertragbare Infektionen (STI) wie Chlamydien, Genitalherpes, Syphilis oder Gonorrhö (Tripper) lassen sich trotz Safer-Sex-Regeln übertragen. Denn Kondome schützen nur ausreichend bei Anal- und Vaginalsex vor HIV und anderen STI.
Bei anderen Praktiken sieht die Situation anders aus: Bei Oralsex, Petting, Fingern oder Küssen sind STI-Infektionen möglich. Ausschlaggebend ist dabei der Kontakt mit den Schleimhäuten. Den besten Schutz gegen HIV und STI bieten nur regelmässige Tests und gezielte Impfungen wie gegen Hepatitis A und Hepatitis B oder HPV (= humane Papillomaviren).
Welcher Schutz für Sie am besten geeignet ist, erfahren Sie im Safer-Sex-Check auf lovelife.ch.
Wie häufig soll ich mich testen lassen?
Regelmässige HIV-/STI-Tests sind in diesen Situationen empfohlen: beim Partnerwechsel, beim Beginn einer neuen Beziehung oder bei sexuellen Risikosituationen. So lassen sich allfällige Infektionen früh erkennen und behandeln, aber auch Ansteckungsketten unterbrechen.
Darum empfehlen wir: Je häufiger jemand seine Partner*innen wechselt, umso häufiger sollte er*sie sich auf HIV und STI testen. Und das unabhängig von Symptomen. Dabei gibt es eine Faustregel zur Orientierung:
- Wer Sex hat: alle zwölf Monate.
- Wer Sex mit etwa zehn Personen pro Jahr hat: alle sechs Monate.
- Wer Sex mit mehr als zwanzig Personen pro Jahr hat: alle drei Monate.
- Wer die PrEP nimmt: alle drei Monate im Rahmen der PrEP-Untersuchung.
- Wer HIV-positiv ist: im Rahmen der ärztlichen Routinekontrolle.
Zusätzlich sollten Sie sich auf Hepatitis C testen lassen, wenn Sie:
- HIV-positiv sind: im Rahmen der ärztlichen Routinekontrolle, mindestens einmal pro Jahr.
- die PrEP nehmen: im Rahmen der PrEP-Untersuchung, mindestens einmal pro Jahr.
- Sex haben, wo Blut im Spiel ist (Fisting): mindestens einmal pro Jahr.
- Drogen sniffen oder spritzen: ebenfalls einmal pro Jahr.
Wann, wie und wo Sie sich testen bzw. impfen lassen können, erfahren Sie hier.