Jugendarbeit im Kanton St.Gallen wird queer(er)
Ja, ihr habt richtig gehört! Mit dem Projekt «Queere (1) Jugendarbeit» fördert die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen im Auftrag des Amtes für Soziales Kanton St.Gallen den Aufbau von queeren Treffangeboten. Interessierte Teams der Offenen Jugendarbeit können dazu Weiterbildungsmodule und individuelle Coachingstunden nutzen, um die Jugendarbeit vor Ort queer(er) zu gestalten oder einen queeren Jugendtreff aufzubauen.
Seid ihr motiviert, ein regelmässiges Treffangebot speziell für queere Jugendliche zu entwickeln und dafür eure Kompetenzen im Umgang mit queeren Jugendlichen zu stärken? Dann ist dieses Projekt genau das Richtige für euch!
Informationen zum Projekt und zur Teilnahme
Kick-Off mit Projektleitung und Teammitgliedern
Im Rahmen des Kick-Offs holen wir eure Vorkenntnisse, Bedürfnisse und Wünsche ab und planen die nächsten Schritte, insbesondere die Weiterbildungsmodule, im Detail.
Durchführung der Weiterbildungsmodule
Im Anschluss ans Kick-Off finden die Weiterbildungsmodule (siehe Flyer) statt. Da die Inhalte aufeinander aufbauen, empfehlen wir, alle Module zu besuchen. Die Durchführungstermine der Module legen wir individuell und passend für die OJA-Teams fest.
Ziel der Weiterbildungsmodule ist es, die teilnehmenden Teams zu befähigen, gemeinsam mit queeren Jugendlichen ein Treffangebot zu entwickeln und durchzuführen. Dabei erwerben die Fachpersonen eine persönliche Regenbogenkompetenz (2).
Weiterbildungs-Tipp: Am 16. Januar 2025 findet im collektiv st.gallen die Weiterbildung «Jugendarbeit wird queer(er)!» statt. Details zur Weiterbildung findest du hier.
Coaching des Teams
Nach den Weiterbildungsmodulen hat jedes Team die Möglichkeit, fünf Coachingstunden in Anspruch zu nehmen. Diese könnt ihr individuell nutzen, z. B. für die konkrete Konzeption des Angebots, als Unterstützung bei der Umsetzung etc.
Vernetzung
Eine Vernetzung zwischen den einzelnen teilnehmenden Teams der Offenen Jugendarbeit ist angedacht, um Praxisbeispiele auszutauschen und die teamübergreifende Zusammenarbeit zu fördern.
Interessiert?
Ihr seid ein Team (oder eine Fachperson) der Offenen Jugendarbeit und wollt eure Kompetenzen im Umgang mit queeren Jugendlichen stärken? Allerdings fehlen euch noch die Ressourcen für den Aufbau eines queeren Jugendtreffs?
Dann meldet euch bei julia.schmid@ahsga.ch, um zu erfahren, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Wir unterstützen euch gerne!
Häufige Fragen und Antworten zum Projekt (FAQ)
Warum ist es wichtig, queeren Jugendlichen in der Offenen Jugendarbeit einen sicheren Raum zu bieten?
In der heutigen Gesellschaft stehen Jugendliche vor einer Vielzahl von Herausforderungen und Fragen mit Bezug auf ihre Identität, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität. Für junge Menschen, die sich als Teil der queeren Community identifizieren, können diese Herausforderungen besonders komplex sein und mit einer erhöhten Vulnerabilität einhergehen. Dies belegt auch eine Studie der Hochschule Luzern (3): LGBT-Personen (4) verfügen über eine schlechtere psychische Gesundheit und erfahren mehr Diskriminierung und Gewalt. Ferner haben sie einen höheren Substanzkonsum und sind in den Bereichen sexuelle sowie körperliche Gesundheit besonders vulnerabel.
Im Hate Crime Bericht 2023 (5) ist festgehalten, dass in der Schweiz die Anzahl der gemeldeten Vorfälle, verglichen mit dem Vorjahr, um fast 50 % gestiegen ist. Von den 134 gemeldeten Hate Crimes sind etwa 80 % verbal erfolgt, bei fast 20 % handelte es sich um körperliche Gewalt.
Angesichts dieser Realität sind Jugendarbeitende und -organisationen aufgefordert, sich verstärkt auf die Bedürfnisse und Unterstützungsmöglichkeiten von queeren Jugendlichen zu konzentrieren. Safer spaces (6) sind entscheidend für die gesunde Entwicklung von queeren Jugendlichen, sagt auch Sanata Nacro, geschäftsführende Fachreferentin der Mädchen*arbeit NRW:
«Jugendliche brauchen Räume, in denen sie die Möglichkeiten haben, ihre Erfahrungen anzusprechen, ohne dass sie bagatellisiert werden, in denen Diskrimierungserfahrungen besprechbar sind. Sie brauchen die Chance, sich in Bezug auf ihre Identitätsentwicklung auszuprobieren, und zwar jenseits gesellschaftlicher Zuschreibungen.» (7)
Wer steht hinter dem Projekt?
Die Inhalte werden von der Fachstelle für Aids- und Sexualfragen im Auftrag des Amtes für Soziales des Kantons St.Gallen aufgearbeitet und angeboten. Die Begleitung erfolgt durch Julia Schmid, Sexualpädagogin der Fachstelle und selbst queer.
Was kostet die Teilnahme am Projekt?
Die Teilnahme an den Weiterbildungsmodulen und Coachingstunden ist kostenlos und wird vom Kanton St.Gallen finanziert.
Wo wird das Projekt (Kick-Off, Weiterbildungsmodule und Coachingstunden) durchgeführt?
Die Weiterbildungsmodule und die Coachingstunden finden in den Räumlichkeiten der teilnehmenden Teams der Offenen Jugendarbeit statt. Sollte keiner der Räume geeignet sein, sucht die Projektleitung nach einer Alternative.
Wann findet das Projekt (Kick-Off, Weiterbildungsmodule und Coachingstunden) statt?
Die Kick-Offs finden ab Anfang Juni 2024 statt, die Weiterbildungsmodule ab Anfang September 2024. Die Durchführungstermine der Module sowie für die Coachingstunden werden individuell und passend für die OJA-Teams festgelegt. Das Projekt findet während eines befristeten Zeitraums statt.
Kann man laufend einsteigen?
Ja! Bei Interesse wird gemeinsam festgelegt, wann die einzelnen Weiterbildungsmodule und Coachingstunden stattfinden sollen. Ein laufender Einstieg ist während der Projektlaufzeit möglich.
Wo kann ich mich anmelden?
Ist euer Interesse geweckt? Interessierte Teams können sich per E-Mail an julia.schmid@ahsga.ch wenden, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir freuen uns auf eure Kontaktaufnahme!
Glossar und Quellen
(1) Queer beschreibt Personen, deren sexuelle Orientierung nicht heterosexuell ist und/oder Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Zu queeren Menschen gehören beispielsweise lesbische, bisexuelle, schwule oder trans Personen.
(2) Regenbogenkompetenz bezeichnet die Fähigkeit einer Fachkraft, professionell, vorurteilsbewusst und möglichst diskriminierungsfrei mit dem Thema der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt umzugehen. Ulrich, M. (2020). Regenbogenkompetenz. Blätter der Wohlfahrtspflege (BdW), 167(5), 163–166.
(3) Krüger, P., Pfister, A., Eder, M., & Mikolasek, M. (2023). Gesundheit von LGBT-Personen in der Schweiz. Nomos. https://doi.org/10.5771/9783748938385.
(4) LGBT-Personen sind Menschen, die lesbisch, schwul (gay), bisexuell und/oder trans sind.
(5) Heggli, R., Recher, A., Rentsch, S., & Widmer, A. (2023). Hate Crime Bericht 2023. LGBTIQ-Helpline. https://www.pinkcross.ch/unser-einsatz/politik/hate-crime/hatecrime_bericht_2023_de.pdf
(6) Safer space beschreibt einen Raum, der sicherer ist als öffentliche Räume und dadurch von queeren Menschen als Rückzugsort genutzt wird.
(7) Heidenreich, D. (2021). Safe Spaces für die Identitätsentwicklung. Lautstark – Dein Mitgliedermagazin, 6, 42–44.
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Bilder: canva.com