Zero-Discrimination-Day-2024

Zero Discrimination Day – gemeinsam gegen Diskriminierung von Menschen mit HIV

1. März 2024

Trotz Fortschritten in der Medizin und eines gesteigerten Bewusstseins in der Gesellschaft erleben HIV-positive Menschen in der Schweiz nach wie vor Diskriminierung. Zum Zero Discrimination Day am 1. März startet die Aids-Hilfe Schweiz auf Positive Life eine Kampagne zur Bekämpfung von Diskriminierung.

Text: Predrag Jurisic/Aids-Hilfe Schweiz
Beitragsbild: Aids-Hilfe Schweiz

 

Zero-Discrimination-Day-2024

Zero Discrimination Day 2024 – gemeinsam gegen Diskriminierung von Menschen mit HIV.

 

Im Jahr 2014 haben UNAIDS und die Vereinten Nationen den Zero Discrimination Day ins Leben gerufen – als Zeichen gegen Diskriminierung von Menschen mit HIV. Der jährlich am 1. März stattfindende Tag soll weltweit auf die Problematik aufmerksam machen und zum Kampf gegen Diskriminierung aufrufen.

Leider sind auch in der Schweiz Diskriminierungen von Menschen mit HIV immer noch weit verbreitet. Dies zeigen die Diskriminierungsmeldungen, die die Aids-Hilfe Schweiz im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit sammelt. Im Jahr 2023 gingen bei der Aids-Hilfe Schweiz 94 Diskriminierungsmeldungen ein. Die meisten davon stammen aus dem Gesundheitswesen:

Diskriminierungsmeldungen von Menschen mit HIV 2023

Diskriminierungsmeldungen von Menschen mit HIV 2023.

Alle Zahlen und Fakten zu Diskriminierungsmeldungen für das Jahr 2023 finden sich im aktuellen Diskriminierungsbericht der Aids-Hilfe Schweiz.

 

Kostenlose Rechtsberatung für Menschen mit HIV

HIV-positive Menschen können sich gegen die Diskriminierungen wehren – mithilfe der kostenlosen Rechtsberatung der Aids-Hilfe Schweiz. Die Rechtsberatung der Aids-Hilfe Schweiz klärt ab, informiert, berät und vermittelt – ob bei Diskriminierungen im Gesundheitswesen, bei der Arbeit oder bei Privatversicherungen.

Mehr zur kostenlosen Rechtsberatung für Menschen mit HIV.

Schweigen Sie nicht, wenn Sie diskriminiert werden, und melden Sie, was vorgefallen ist. Ihre Anfrage wird streng vertraulich behandelt. Die Dienstleistung der Aids-Hilfe Schweiz ist kostenlos.

Das Beratungsteam ist an folgenden Tagen für Sie da:
Dienstag, 9–12 Uhr und 14–16 Uhr
Donnerstag, 9–12 Uhr und 14–16 Uhr

Telefon: 044 447 11 11
Fax: 044 447 11 12
E-Mail: recht@aids.ch
Postadresse: Aids-Hilfe Schweiz, Freilagerstrasse 32, 8047 Zürich

 

Positive Life setzt zum Zero Discrimination Day ein Zeichen

Positive Life ist eine Plattform für Information und Austausch zum Leben mit HIV – von, mit und für Menschen mit HIV. Die Trägerin dieser Plattform ist die Aids-Hilfe Schweiz. Zum Zero Discrimination Day setzt Positive Life ein Zeichen mit einer Kampagne und einem Video:

 

Schweigen Sie nicht, wenn Sie diskriminiert werden, und melden Sie sich bei der Aids-Hilfe, was vorgefallen ist:

Telefon: 044 447 11 11
Fax: 044 447 11 12
E-Mail: recht@aids.ch
Postadresse: Aids-Hilfe Schweiz, Freilagerstrasse 32, 8047 Zürich

 

Anti-Rassismus-Strafnorm: Ein Ja stärkt die Schweizer Demokratie

4. Februar 2020

Die Schweiz als Vorbild der Demokratie hat Aufholbedarf: In den meisten Ländern Europas sind Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt. Hierzulande sind sie öffentlichen Aufrufen zu Hass und Hetze ausgesetzt. Und das legal, weil unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Doch das Recht auf freie Meinungsäusserung darf das Recht auf Leben und Liebe nicht beschneiden. Besonders dann, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Darum bedeutet am 9. Februar ein Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auch ein Ja zur Schweizer Demokratie.

Text: Predrag Jurisic
Bild/Grafik: Kampagnen-Komitee «Ja zum Schutz»

Im europäischen Ranking der LGBTI-Freundlichkeit liegt die Schweiz auf Platz 28 von 49. Die ILGA-Europe – die europäische Vertretung der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association» (ILGA) – ermittelt jedes Jahr die LGBTI-Rechtslage in sechs Kategorien, unter anderem die rechtliche Gleichstellung, den Schutz vor Diskriminierung oder den Schutz vor Hassverbrechen. Beim letzten Punkt belegt die Schweiz zusammen mit 13 weiteren Ländern den letzten Platz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil den Behörden zur Ahndung und Erfassung von Hassverbrechen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen die rechtliche Grundlage fehlt. Darum unterstützt die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (Aidshilfe St.Gallen-Appenzell/AHSGA) am 9. Februar ein Ja zu mehr Schutz vor Hass und Diskriminierung.

COMOUT – ein Schulprojekt für gegenseitigen Respekt

In der täglichen Arbeit an Schulen treffen die Fachmitarbeitenden oft auf stereotype Geschlechterrollen sowie toxische Frauen- und Männerbilder. Dazu gehört auch die Vorstellung, Homo- oder Bisexualität sei wähl- oder heilbar und unnatürlich. Oft reicht dabei ein Vergleich von blau- und braunäugigen Menschen: Die sexuelle Orientierung ist ebenso wenig beeinflussbar wie die Augenfarbe von Menschen. Somit kommt ein Angriff auf die sexuelle Orientierung einem Angriff auf das Wesen und Sein eines Menschen gleich und ist nicht vergleichbar mit selbst wählbaren Entscheidungen und Handlungen.

Um Klischees und Vorurteilen zu begegnen, führt die AHSGA jährlich rund 100 COMOUT-Einsätze an Schulen in den Kantonen St.Gallen und beider Appenzell durch. Bei einem solchen Einsatz besucht jeweils eine schwule und/oder lesbische Person zwischen 20 und 35 Jahren eine Schulklasse oder Jugendgruppe. Dabei vermittelt sie Basiswissen zur Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Auch berichtet sie aus ihrem Leben und gibt so einen Einblick in homosexuelle Lebenswelten. Die Schüler*innen können Fragen stellen, aber auch ihre eigenen Vorstellungen und Unsicherheiten zu diesem Thema in einer respektvollen Atmosphäre äussern.

Mehr Lebensqualität

Hass und Hetze spalten einerseits die Gesellschaft und schaden dem sozialen Zusammenhalt. Andererseits wirken sie sich in Bezug auf Homophobie negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Lesben, Schwulen und Bisexuellen aus: Ängste, Depressionen oder Suizide treten im Vergleich zur heterosexuellen Bevölkerung signifikant häufiger auf. Wie eine italienische Metastudie von 35 internationalen Studien zeigt, ist die Suizidversuchsrate bei LGBTI-Jugendlichen vier- bis sechsmal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Die Ursache dafür sei nicht auf die sexuelle Orientierung oder Identität zurückzuführen, sondern liege vielmehr in der öffentlichen Feindseligkeit sowie der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber LGBTI-Menschen.

Ein Ja am 9. Februar ist darum ein wichtiges Signal der Gesellschaft für mehr Lebensqualität: Wer sich nämlich akzeptiert und sicher fühlt, lebt gesünder und unbeschwerter. In den USA zum Beispiel ist die Anzahl selbstmordgefährdeter LGBTI-Jugendlicher um 14 % zurückgegangen, nachdem die Ehe für alle eingeführt worden war.

Kein Sonderrecht, sondern die Schliessung einer Gesetzeslücke

Auch bei der Einführung des Frauenstimmrechts war die Schweiz lange eines der internationalen Schlusslichter. Fast ein Jahrhundert dauerte es, bis sich die Frauen 1971 das Stimm- und Wahlrecht erkämpfen konnten – trotz heraufbeschworener negativer Folgen. Heute wissen wir: Die Neuerung hat sowohl die Demokratie als auch die Gesellschaft bereichert und gestärkt.

Wie es damals Frauen im gegnerischen Lager gab, so gibt es auch heute Kritiker*innen aus der eigenen Community, die eine Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm ablehnen. Sie wollen kein Sonderrecht, weil ihrer Meinung nach Lesben, Schwule und Bisexuelle heutzutage längst akzeptiert und nicht mehr benachteiligt seien.

Diese Behauptung wiederum ist falsch: Erst letzten Frühling hat das Bundesgericht geurteilt, dass Arbeitgeber Schwule und Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weiterhin diskriminieren dürfen, da sie der Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes davor nicht schützt. Dann war noch der Appenzeller PNOS-Aktivist, der straflos davongekommen ist, nachdem er 2018 ein homophobes Pamphlet auf der Partei-Homepage publiziert hat: In diesem forderte er ein Verbot der Homosexualität in der Öffentlichkeit, eine Homo-Heilung und eine Homo-Steuer. Ferner warf er Homosexuellen vor, «Pionierarbeit für Pädophilie» zu leisten. Oder der GLP-Politiker Michel Rudin und sein Begleiter, die in einem Restaurant in Lyss den ganzen Abend lang beleidigt wurden, bloss weil sie schwul sind. Oder der muslimische Vater, der Oktober 2019 seinem schwulen Sohn die Kehle aufgeschlitzt hat. Oder wie jüngst in Zürich die homophoben Gewalttaten an Silvester.

Das sind nur ein paar Beispiele, wie Hass und Hetze in der Schweiz im Alltag Lesben, Schwule und Bisexuelle ängstigen und verunsichern. Amnesty International begrüsst darum die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm als «längst fällige Schliessung einer gravierenden Gesetzeslücke»: «Öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze verletzen grundlegende Rechte der Betroffenen und fallen daher nicht unter das Recht auf freie Meinungsäusserung.»

Warum es kein Zensurgesetz ist

Gegner*innen führen im Abstimmungskampf mehrere Gefahren ins Gefecht, wonach die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ein Zensurgesetz sei: Da ist die Rede vom Angriff auf die Meinungs-, Glaubens-/Gesinnungs- und Gewerbefreiheit.

Doch keine Angst: Stammtischwitze oder flapsige Sprüche im Freundeskreis bleiben nach wie vor erlaubt. Ausschliesslich strafbar sind Hass und Hetze, weil sie die Menschenwürde verletzen und Gewalttaten begünstigen. Überdies sind Hass und Hetze keine Meinung, sondern ein Straftatbestand, wie das bereits gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen gesetzlich gilt.

Was die Glaubens- und Gesinnungsfreiheit angeht, so bleibt diese nach wie vor geschützt: Jede*r darf das glauben oder denken, was sie*er glauben oder denken möchte. Dazu gehört auch das Zitieren bestimmter Bibelstellen in diesem Kontext. Was nicht geht, wäre nach dem Zitieren solcher Stellen ein Aufruf zur Bekämpfung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.

Daneben wenden Kritiker*innen oft ein, dass die bestehende Anti-Rassismus-Strafnorm beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund dennoch nicht davor schützt, aufgrund ihrer Herkunft eine Wohnung oder Arbeitsstelle nicht zu erhalten. Das stimmt. Allerdings können Medien, die solche Missstände mit verdeckter Recherche aufdecken, entsprechend fehlbare Unternehmen anzeigen und Betroffenen damit Schutz gewähren.

Gesetz als soziale Kontrolle und Gewaltprävention

Wer heute angegriffen oder persönlich beleidigt wird, kann sich gesetzlich jetzt schon wehren. Aber dann ist es schon zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein psychischer oder physischer Schaden entstanden ist. Darum reichen die bestehenden Gesetze nicht aus, da Hass und Hetze derzeit legal möglich sind, sodass die Hemmschwelle für Mobbing, tätliche Angriffe oder gar Mordversuche besonders tief ist.

Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm dient darum auch der sozialen Kontrolle bzw. der Gewaltprävention – ob in Schulen, am Arbeitsplatz oder in Vereinen: Lehrpersonen, Arbeitgeber, Personalverantwortliche oder Vereinsvorstände sind künftig angehalten, diskriminierendes Verhalten anzugehen. Derzeit herrscht häufig eine hilflose Ignoranz und Untätigkeit gegenüber homophoben Äusserungen. Mit dem neuen Gesetz haben die Verantwortlichen ein Regelwerk zur Hand, auf das sie sich stützen können – wie das bereits der Fall ist, wenn es um rassistische oder anti-religiöse Äusserungen geht: Hier intervenieren die Verantwortlichen auch, ohne zu zögern, und unterbinden ein diskriminierendes Verhalten oder Gewalttaten.

Medienmitteilung

Anti-Rassismus-Strafnorm: Ein Ja stärkt die Schweizer Demokratie

4. Februar 2020

Die Schweiz als Vorbild der Demokratie hat Aufholbedarf: In den meisten Ländern Europas sind Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt. Hierzulande sind sie öffentlichen Aufrufen zu Hass und Hetze ausgesetzt. Und das legal, weil unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Doch das Recht auf freie Meinungsäusserung darf das Recht auf Leben und Liebe nicht beschneiden. Besonders dann, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Darum bedeutet am 9. Februar ein Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auch ein Ja zur Schweizer Demokratie.

Text: Predrag Jurisic
Bild/Grafik: Kampagnen-Komitee «Ja zum Schutz»

Im europäischen Ranking der LGBTI-Freundlichkeit liegt die Schweiz auf Platz 28 von 49. Die ILGA-Europe – die europäische Vertretung der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association» (ILGA) – ermittelt jedes Jahr die LGBTI-Rechtslage in sechs Kategorien, unter anderem die rechtliche Gleichstellung, den Schutz vor Diskriminierung oder den Schutz vor Hassverbrechen. Beim letzten Punkt belegt die Schweiz zusammen mit 13 weiteren Ländern den letzten Platz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil den Behörden zur Ahndung und Erfassung von Hassverbrechen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen die rechtliche Grundlage fehlt. Darum unterstützt die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (Aidshilfe St.Gallen-Appenzell/AHSGA) am 9. Februar ein Ja zu mehr Schutz vor Hass und Diskriminierung.

COMOUT – ein Schulprojekt für gegenseitigen Respekt

In der täglichen Arbeit an Schulen treffen die Fachmitarbeitenden oft auf stereotype Geschlechterrollen sowie toxische Frauen- und Männerbilder. Dazu gehört auch die Vorstellung, Homo- oder Bisexualität sei wähl- oder heilbar und unnatürlich. Oft reicht dabei ein Vergleich von blau- und braunäugigen Menschen: Die sexuelle Orientierung ist ebenso wenig beeinflussbar wie die Augenfarbe von Menschen. Somit kommt ein Angriff auf die sexuelle Orientierung einem Angriff auf das Wesen und Sein eines Menschen gleich und ist nicht vergleichbar mit selbst wählbaren Entscheidungen und Handlungen.

Um Klischees und Vorurteilen zu begegnen, führt die AHSGA jährlich rund 100 COMOUT-Einsätze an Schulen in den Kantonen St.Gallen und beider Appenzell durch. Bei einem solchen Einsatz besucht jeweils eine schwule und/oder lesbische Person zwischen 20 und 35 Jahren eine Schulklasse oder Jugendgruppe. Dabei vermittelt sie Basiswissen zur Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Auch berichtet sie aus ihrem Leben und gibt so einen Einblick in homosexuelle Lebenswelten. Die Schüler*innen können Fragen stellen, aber auch ihre eigenen Vorstellungen und Unsicherheiten zu diesem Thema in einer respektvollen Atmosphäre äussern.

Mehr Lebensqualität

Hass und Hetze spalten einerseits die Gesellschaft und schaden dem sozialen Zusammenhalt. Andererseits wirken sie sich in Bezug auf Homophobie negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Lesben, Schwulen und Bisexuellen aus: Ängste, Depressionen oder Suizide treten im Vergleich zur heterosexuellen Bevölkerung signifikant häufiger auf. Wie eine italienische Metastudie von 35 internationalen Studien zeigt, ist die Suizidversuchsrate bei LGBTI-Jugendlichen vier- bis sechsmal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Die Ursache dafür sei nicht auf die sexuelle Orientierung oder Identität zurückzuführen, sondern liege vielmehr in der öffentlichen Feindseligkeit sowie der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber LGBTI-Menschen.

Ein Ja am 9. Februar ist darum ein wichtiges Signal der Gesellschaft für mehr Lebensqualität: Wer sich nämlich akzeptiert und sicher fühlt, lebt gesünder und unbeschwerter. In den USA zum Beispiel ist die Anzahl selbstmordgefährdeter LGBTI-Jugendlicher um 14 % zurückgegangen, nachdem die Ehe für alle eingeführt worden war.

Kein Sonderrecht, sondern die Schliessung einer Gesetzeslücke

Auch bei der Einführung des Frauenstimmrechts war die Schweiz lange eines der internationalen Schlusslichter. Fast ein Jahrhundert dauerte es, bis sich die Frauen 1971 das Stimm- und Wahlrecht erkämpfen konnten – trotz heraufbeschworener negativer Folgen. Heute wissen wir: Die Neuerung hat sowohl die Demokratie als auch die Gesellschaft bereichert und gestärkt.

Wie es damals Frauen im gegnerischen Lager gab, so gibt es auch heute Kritiker*innen aus der eigenen Community, die eine Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm ablehnen. Sie wollen kein Sonderrecht, weil ihrer Meinung nach Lesben, Schwule und Bisexuelle heutzutage längst akzeptiert und nicht mehr benachteiligt seien.

Diese Behauptung wiederum ist falsch: Erst letzten Frühling hat das Bundesgericht geurteilt, dass Arbeitgeber Schwule und Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weiterhin diskriminieren dürfen, da sie der Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes davor nicht schützt. Dann war noch der Appenzeller PNOS-Aktivist, der straflos davongekommen ist, nachdem er 2018 ein homophobes Pamphlet auf der Partei-Homepage publiziert hat: In diesem forderte er ein Verbot der Homosexualität in der Öffentlichkeit, eine Homo-Heilung und eine Homo-Steuer. Ferner warf er Homosexuellen vor, «Pionierarbeit für Pädophilie» zu leisten. Oder der GLP-Politiker Michel Rudin und sein Begleiter, die in einem Restaurant in Lyss den ganzen Abend lang beleidigt wurden, bloss weil sie schwul sind. Oder der muslimische Vater, der Oktober 2019 seinem schwulen Sohn die Kehle aufgeschlitzt hat. Oder wie jüngst in Zürich die homophoben Gewalttaten an Silvester.

Das sind nur ein paar Beispiele, wie Hass und Hetze in der Schweiz im Alltag Lesben, Schwule und Bisexuelle ängstigen und verunsichern. Amnesty International begrüsst darum die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm als «längst fällige Schliessung einer gravierenden Gesetzeslücke»: «Öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze verletzen grundlegende Rechte der Betroffenen und fallen daher nicht unter das Recht auf freie Meinungsäusserung.»

Warum es kein Zensurgesetz ist

Gegner*innen führen im Abstimmungskampf mehrere Gefahren ins Gefecht, wonach die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ein Zensurgesetz sei: Da ist die Rede vom Angriff auf die Meinungs-, Glaubens-/Gesinnungs- und Gewerbefreiheit.

Doch keine Angst: Stammtischwitze oder flapsige Sprüche im Freundeskreis bleiben nach wie vor erlaubt. Ausschliesslich strafbar sind Hass und Hetze, weil sie die Menschenwürde verletzen und Gewalttaten begünstigen. Überdies sind Hass und Hetze keine Meinung, sondern ein Straftatbestand, wie das bereits gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen gesetzlich gilt.

Was die Glaubens- und Gesinnungsfreiheit angeht, so bleibt diese nach wie vor geschützt: Jede*r darf das glauben oder denken, was sie*er glauben oder denken möchte. Dazu gehört auch das Zitieren bestimmter Bibelstellen in diesem Kontext. Was nicht geht, wäre nach dem Zitieren solcher Stellen ein Aufruf zur Bekämpfung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.

Daneben wenden Kritiker*innen oft ein, dass die bestehende Anti-Rassismus-Strafnorm beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund dennoch nicht davor schützt, aufgrund ihrer Herkunft eine Wohnung oder Arbeitsstelle nicht zu erhalten. Das stimmt. Allerdings können Medien, die solche Missstände mit verdeckter Recherche aufdecken, entsprechend fehlbare Unternehmen anzeigen und Betroffenen damit Schutz gewähren.

Gesetz als soziale Kontrolle und Gewaltprävention

Wer heute angegriffen oder persönlich beleidigt wird, kann sich gesetzlich jetzt schon wehren. Aber dann ist es schon zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein psychischer oder physischer Schaden entstanden ist. Darum reichen die bestehenden Gesetze nicht aus, da Hass und Hetze derzeit legal möglich sind, sodass die Hemmschwelle für Mobbing, tätliche Angriffe oder gar Mordversuche besonders tief ist.

Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm dient darum auch der sozialen Kontrolle bzw. der Gewaltprävention – ob in Schulen, am Arbeitsplatz oder in Vereinen: Lehrpersonen, Arbeitgeber, Personalverantwortliche oder Vereinsvorstände sind künftig angehalten, diskriminierendes Verhalten anzugehen. Derzeit herrscht häufig eine hilflose Ignoranz und Untätigkeit gegenüber homophoben Äusserungen. Mit dem neuen Gesetz haben die Verantwortlichen ein Regelwerk zur Hand, auf das sie sich stützen können – wie das bereits der Fall ist, wenn es um rassistische oder anti-religiöse Äusserungen geht: Hier intervenieren die Verantwortlichen auch, ohne zu zögern, und unterbinden ein diskriminierendes Verhalten oder Gewalttaten.

Medienmitteilung

Anti-Rassismus-Strafnorm: Ein Ja stärkt die Schweizer Demokratie

4. Februar 2020

Die Schweiz als Vorbild der Demokratie hat Aufholbedarf: In den meisten Ländern Europas sind Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt. Hierzulande sind sie öffentlichen Aufrufen zu Hass und Hetze ausgesetzt. Und das legal, weil unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Doch das Recht auf freie Meinungsäusserung darf das Recht auf Leben und Liebe nicht beschneiden. Besonders dann, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Darum bedeutet am 9. Februar ein Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auch ein Ja zur Schweizer Demokratie.

Text: Predrag Jurisic
Bild/Grafik: Kampagnen-Komitee «Ja zum Schutz»

Im europäischen Ranking der LGBTI-Freundlichkeit liegt die Schweiz auf Platz 28 von 49. Die ILGA-Europe – die europäische Vertretung der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association» (ILGA) – ermittelt jedes Jahr die LGBTI-Rechtslage in sechs Kategorien, unter anderem die rechtliche Gleichstellung, den Schutz vor Diskriminierung oder den Schutz vor Hassverbrechen. Beim letzten Punkt belegt die Schweiz zusammen mit 13 weiteren Ländern den letzten Platz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil den Behörden zur Ahndung und Erfassung von Hassverbrechen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen die rechtliche Grundlage fehlt. Darum unterstützt die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (Aidshilfe St.Gallen-Appenzell/AHSGA) am 9. Februar ein Ja zu mehr Schutz vor Hass und Diskriminierung.

COMOUT – ein Schulprojekt für gegenseitigen Respekt

In der täglichen Arbeit an Schulen treffen die Fachmitarbeitenden oft auf stereotype Geschlechterrollen sowie toxische Frauen- und Männerbilder. Dazu gehört auch die Vorstellung, Homo- oder Bisexualität sei wähl- oder heilbar und unnatürlich. Oft reicht dabei ein Vergleich von blau- und braunäugigen Menschen: Die sexuelle Orientierung ist ebenso wenig beeinflussbar wie die Augenfarbe von Menschen. Somit kommt ein Angriff auf die sexuelle Orientierung einem Angriff auf das Wesen und Sein eines Menschen gleich und ist nicht vergleichbar mit selbst wählbaren Entscheidungen und Handlungen.

Um Klischees und Vorurteilen zu begegnen, führt die AHSGA jährlich rund 100 COMOUT-Einsätze an Schulen in den Kantonen St.Gallen und beider Appenzell durch. Bei einem solchen Einsatz besucht jeweils eine schwule und/oder lesbische Person zwischen 20 und 35 Jahren eine Schulklasse oder Jugendgruppe. Dabei vermittelt sie Basiswissen zur Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Auch berichtet sie aus ihrem Leben und gibt so einen Einblick in homosexuelle Lebenswelten. Die Schüler*innen können Fragen stellen, aber auch ihre eigenen Vorstellungen und Unsicherheiten zu diesem Thema in einer respektvollen Atmosphäre äussern.

Mehr Lebensqualität

Hass und Hetze spalten einerseits die Gesellschaft und schaden dem sozialen Zusammenhalt. Andererseits wirken sie sich in Bezug auf Homophobie negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Lesben, Schwulen und Bisexuellen aus: Ängste, Depressionen oder Suizide treten im Vergleich zur heterosexuellen Bevölkerung signifikant häufiger auf. Wie eine italienische Metastudie von 35 internationalen Studien zeigt, ist die Suizidversuchsrate bei LGBTI-Jugendlichen vier- bis sechsmal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Die Ursache dafür sei nicht auf die sexuelle Orientierung oder Identität zurückzuführen, sondern liege vielmehr in der öffentlichen Feindseligkeit sowie der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber LGBTI-Menschen.

Ein Ja am 9. Februar ist darum ein wichtiges Signal der Gesellschaft für mehr Lebensqualität: Wer sich nämlich akzeptiert und sicher fühlt, lebt gesünder und unbeschwerter. In den USA zum Beispiel ist die Anzahl selbstmordgefährdeter LGBTI-Jugendlicher um 14 % zurückgegangen, nachdem die Ehe für alle eingeführt worden war.

Kein Sonderrecht, sondern die Schliessung einer Gesetzeslücke

Auch bei der Einführung des Frauenstimmrechts war die Schweiz lange eines der internationalen Schlusslichter. Fast ein Jahrhundert dauerte es, bis sich die Frauen 1971 das Stimm- und Wahlrecht erkämpfen konnten – trotz heraufbeschworener negativer Folgen. Heute wissen wir: Die Neuerung hat sowohl die Demokratie als auch die Gesellschaft bereichert und gestärkt.

Wie es damals Frauen im gegnerischen Lager gab, so gibt es auch heute Kritiker*innen aus der eigenen Community, die eine Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm ablehnen. Sie wollen kein Sonderrecht, weil ihrer Meinung nach Lesben, Schwule und Bisexuelle heutzutage längst akzeptiert und nicht mehr benachteiligt seien.

Diese Behauptung wiederum ist falsch: Erst letzten Frühling hat das Bundesgericht geurteilt, dass Arbeitgeber Schwule und Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weiterhin diskriminieren dürfen, da sie der Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes davor nicht schützt. Dann war noch der Appenzeller PNOS-Aktivist, der straflos davongekommen ist, nachdem er 2018 ein homophobes Pamphlet auf der Partei-Homepage publiziert hat: In diesem forderte er ein Verbot der Homosexualität in der Öffentlichkeit, eine Homo-Heilung und eine Homo-Steuer. Ferner warf er Homosexuellen vor, «Pionierarbeit für Pädophilie» zu leisten. Oder der GLP-Politiker Michel Rudin und sein Begleiter, die in einem Restaurant in Lyss den ganzen Abend lang beleidigt wurden, bloss weil sie schwul sind. Oder der muslimische Vater, der Oktober 2019 seinem schwulen Sohn die Kehle aufgeschlitzt hat. Oder wie jüngst in Zürich die homophoben Gewalttaten an Silvester.

Das sind nur ein paar Beispiele, wie Hass und Hetze in der Schweiz im Alltag Lesben, Schwule und Bisexuelle ängstigen und verunsichern. Amnesty International begrüsst darum die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm als «längst fällige Schliessung einer gravierenden Gesetzeslücke»: «Öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze verletzen grundlegende Rechte der Betroffenen und fallen daher nicht unter das Recht auf freie Meinungsäusserung.»

Warum es kein Zensurgesetz ist

Gegner*innen führen im Abstimmungskampf mehrere Gefahren ins Gefecht, wonach die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ein Zensurgesetz sei: Da ist die Rede vom Angriff auf die Meinungs-, Glaubens-/Gesinnungs- und Gewerbefreiheit.

Doch keine Angst: Stammtischwitze oder flapsige Sprüche im Freundeskreis bleiben nach wie vor erlaubt. Ausschliesslich strafbar sind Hass und Hetze, weil sie die Menschenwürde verletzen und Gewalttaten begünstigen. Überdies sind Hass und Hetze keine Meinung, sondern ein Straftatbestand, wie das bereits gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen gesetzlich gilt.

Was die Glaubens- und Gesinnungsfreiheit angeht, so bleibt diese nach wie vor geschützt: Jede*r darf das glauben oder denken, was sie*er glauben oder denken möchte. Dazu gehört auch das Zitieren bestimmter Bibelstellen in diesem Kontext. Was nicht geht, wäre nach dem Zitieren solcher Stellen ein Aufruf zur Bekämpfung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.

Daneben wenden Kritiker*innen oft ein, dass die bestehende Anti-Rassismus-Strafnorm beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund dennoch nicht davor schützt, aufgrund ihrer Herkunft eine Wohnung oder Arbeitsstelle nicht zu erhalten. Das stimmt. Allerdings können Medien, die solche Missstände mit verdeckter Recherche aufdecken, entsprechend fehlbare Unternehmen anzeigen und Betroffenen damit Schutz gewähren.

Gesetz als soziale Kontrolle und Gewaltprävention

Wer heute angegriffen oder persönlich beleidigt wird, kann sich gesetzlich jetzt schon wehren. Aber dann ist es schon zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein psychischer oder physischer Schaden entstanden ist. Darum reichen die bestehenden Gesetze nicht aus, da Hass und Hetze derzeit legal möglich sind, sodass die Hemmschwelle für Mobbing, tätliche Angriffe oder gar Mordversuche besonders tief ist.

Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm dient darum auch der sozialen Kontrolle bzw. der Gewaltprävention – ob in Schulen, am Arbeitsplatz oder in Vereinen: Lehrpersonen, Arbeitgeber, Personalverantwortliche oder Vereinsvorstände sind künftig angehalten, diskriminierendes Verhalten anzugehen. Derzeit herrscht häufig eine hilflose Ignoranz und Untätigkeit gegenüber homophoben Äusserungen. Mit dem neuen Gesetz haben die Verantwortlichen ein Regelwerk zur Hand, auf das sie sich stützen können – wie das bereits der Fall ist, wenn es um rassistische oder anti-religiöse Äusserungen geht: Hier intervenieren die Verantwortlichen auch, ohne zu zögern, und unterbinden ein diskriminierendes Verhalten oder Gewalttaten.

Medienmitteilung

Anti-Rassismus-Strafnorm: Ein Ja stärkt die Schweizer Demokratie

4. Februar 2020

Die Schweiz als Vorbild der Demokratie hat Aufholbedarf: In den meisten Ländern Europas sind Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt. Hierzulande sind sie öffentlichen Aufrufen zu Hass und Hetze ausgesetzt. Und das legal, weil unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Doch das Recht auf freie Meinungsäusserung darf das Recht auf Leben und Liebe nicht beschneiden. Besonders dann, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Darum bedeutet am 9. Februar ein Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auch ein Ja zur Schweizer Demokratie.

Text: Predrag Jurisic
Bild/Grafik: Kampagnen-Komitee «Ja zum Schutz»

Im europäischen Ranking der LGBTI-Freundlichkeit liegt die Schweiz auf Platz 28 von 49. Die ILGA-Europe – die europäische Vertretung der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association» (ILGA) – ermittelt jedes Jahr die LGBTI-Rechtslage in sechs Kategorien, unter anderem die rechtliche Gleichstellung, den Schutz vor Diskriminierung oder den Schutz vor Hassverbrechen. Beim letzten Punkt belegt die Schweiz zusammen mit 13 weiteren Ländern den letzten Platz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil den Behörden zur Ahndung und Erfassung von Hassverbrechen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen die rechtliche Grundlage fehlt. Darum unterstützt die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (Aidshilfe St.Gallen-Appenzell/AHSGA) am 9. Februar ein Ja zu mehr Schutz vor Hass und Diskriminierung.

COMOUT – ein Schulprojekt für gegenseitigen Respekt

In der täglichen Arbeit an Schulen treffen die Fachmitarbeitenden oft auf stereotype Geschlechterrollen sowie toxische Frauen- und Männerbilder. Dazu gehört auch die Vorstellung, Homo- oder Bisexualität sei wähl- oder heilbar und unnatürlich. Oft reicht dabei ein Vergleich von blau- und braunäugigen Menschen: Die sexuelle Orientierung ist ebenso wenig beeinflussbar wie die Augenfarbe von Menschen. Somit kommt ein Angriff auf die sexuelle Orientierung einem Angriff auf das Wesen und Sein eines Menschen gleich und ist nicht vergleichbar mit selbst wählbaren Entscheidungen und Handlungen.

Um Klischees und Vorurteilen zu begegnen, führt die AHSGA jährlich rund 100 COMOUT-Einsätze an Schulen in den Kantonen St.Gallen und beider Appenzell durch. Bei einem solchen Einsatz besucht jeweils eine schwule und/oder lesbische Person zwischen 20 und 35 Jahren eine Schulklasse oder Jugendgruppe. Dabei vermittelt sie Basiswissen zur Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Auch berichtet sie aus ihrem Leben und gibt so einen Einblick in homosexuelle Lebenswelten. Die Schüler*innen können Fragen stellen, aber auch ihre eigenen Vorstellungen und Unsicherheiten zu diesem Thema in einer respektvollen Atmosphäre äussern.

Mehr Lebensqualität

Hass und Hetze spalten einerseits die Gesellschaft und schaden dem sozialen Zusammenhalt. Andererseits wirken sie sich in Bezug auf Homophobie negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Lesben, Schwulen und Bisexuellen aus: Ängste, Depressionen oder Suizide treten im Vergleich zur heterosexuellen Bevölkerung signifikant häufiger auf. Wie eine italienische Metastudie von 35 internationalen Studien zeigt, ist die Suizidversuchsrate bei LGBTI-Jugendlichen vier- bis sechsmal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Die Ursache dafür sei nicht auf die sexuelle Orientierung oder Identität zurückzuführen, sondern liege vielmehr in der öffentlichen Feindseligkeit sowie der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber LGBTI-Menschen.

Ein Ja am 9. Februar ist darum ein wichtiges Signal der Gesellschaft für mehr Lebensqualität: Wer sich nämlich akzeptiert und sicher fühlt, lebt gesünder und unbeschwerter. In den USA zum Beispiel ist die Anzahl selbstmordgefährdeter LGBTI-Jugendlicher um 14 % zurückgegangen, nachdem die Ehe für alle eingeführt worden war.

Kein Sonderrecht, sondern die Schliessung einer Gesetzeslücke

Auch bei der Einführung des Frauenstimmrechts war die Schweiz lange eines der internationalen Schlusslichter. Fast ein Jahrhundert dauerte es, bis sich die Frauen 1971 das Stimm- und Wahlrecht erkämpfen konnten – trotz heraufbeschworener negativer Folgen. Heute wissen wir: Die Neuerung hat sowohl die Demokratie als auch die Gesellschaft bereichert und gestärkt.

Wie es damals Frauen im gegnerischen Lager gab, so gibt es auch heute Kritiker*innen aus der eigenen Community, die eine Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm ablehnen. Sie wollen kein Sonderrecht, weil ihrer Meinung nach Lesben, Schwule und Bisexuelle heutzutage längst akzeptiert und nicht mehr benachteiligt seien.

Diese Behauptung wiederum ist falsch: Erst letzten Frühling hat das Bundesgericht geurteilt, dass Arbeitgeber Schwule und Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weiterhin diskriminieren dürfen, da sie der Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes davor nicht schützt. Dann war noch der Appenzeller PNOS-Aktivist, der straflos davongekommen ist, nachdem er 2018 ein homophobes Pamphlet auf der Partei-Homepage publiziert hat: In diesem forderte er ein Verbot der Homosexualität in der Öffentlichkeit, eine Homo-Heilung und eine Homo-Steuer. Ferner warf er Homosexuellen vor, «Pionierarbeit für Pädophilie» zu leisten. Oder der GLP-Politiker Michel Rudin und sein Begleiter, die in einem Restaurant in Lyss den ganzen Abend lang beleidigt wurden, bloss weil sie schwul sind. Oder der muslimische Vater, der Oktober 2019 seinem schwulen Sohn die Kehle aufgeschlitzt hat. Oder wie jüngst in Zürich die homophoben Gewalttaten an Silvester.

Das sind nur ein paar Beispiele, wie Hass und Hetze in der Schweiz im Alltag Lesben, Schwule und Bisexuelle ängstigen und verunsichern. Amnesty International begrüsst darum die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm als «längst fällige Schliessung einer gravierenden Gesetzeslücke»: «Öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze verletzen grundlegende Rechte der Betroffenen und fallen daher nicht unter das Recht auf freie Meinungsäusserung.»

Warum es kein Zensurgesetz ist

Gegner*innen führen im Abstimmungskampf mehrere Gefahren ins Gefecht, wonach die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ein Zensurgesetz sei: Da ist die Rede vom Angriff auf die Meinungs-, Glaubens-/Gesinnungs- und Gewerbefreiheit.

Doch keine Angst: Stammtischwitze oder flapsige Sprüche im Freundeskreis bleiben nach wie vor erlaubt. Ausschliesslich strafbar sind Hass und Hetze, weil sie die Menschenwürde verletzen und Gewalttaten begünstigen. Überdies sind Hass und Hetze keine Meinung, sondern ein Straftatbestand, wie das bereits gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen gesetzlich gilt.

Was die Glaubens- und Gesinnungsfreiheit angeht, so bleibt diese nach wie vor geschützt: Jede*r darf das glauben oder denken, was sie*er glauben oder denken möchte. Dazu gehört auch das Zitieren bestimmter Bibelstellen in diesem Kontext. Was nicht geht, wäre nach dem Zitieren solcher Stellen ein Aufruf zur Bekämpfung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.

Daneben wenden Kritiker*innen oft ein, dass die bestehende Anti-Rassismus-Strafnorm beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund dennoch nicht davor schützt, aufgrund ihrer Herkunft eine Wohnung oder Arbeitsstelle nicht zu erhalten. Das stimmt. Allerdings können Medien, die solche Missstände mit verdeckter Recherche aufdecken, entsprechend fehlbare Unternehmen anzeigen und Betroffenen damit Schutz gewähren.

Gesetz als soziale Kontrolle und Gewaltprävention

Wer heute angegriffen oder persönlich beleidigt wird, kann sich gesetzlich jetzt schon wehren. Aber dann ist es schon zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein psychischer oder physischer Schaden entstanden ist. Darum reichen die bestehenden Gesetze nicht aus, da Hass und Hetze derzeit legal möglich sind, sodass die Hemmschwelle für Mobbing, tätliche Angriffe oder gar Mordversuche besonders tief ist.

Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm dient darum auch der sozialen Kontrolle bzw. der Gewaltprävention – ob in Schulen, am Arbeitsplatz oder in Vereinen: Lehrpersonen, Arbeitgeber, Personalverantwortliche oder Vereinsvorstände sind künftig angehalten, diskriminierendes Verhalten anzugehen. Derzeit herrscht häufig eine hilflose Ignoranz und Untätigkeit gegenüber homophoben Äusserungen. Mit dem neuen Gesetz haben die Verantwortlichen ein Regelwerk zur Hand, auf das sie sich stützen können – wie das bereits der Fall ist, wenn es um rassistische oder anti-religiöse Äusserungen geht: Hier intervenieren die Verantwortlichen auch, ohne zu zögern, und unterbinden ein diskriminierendes Verhalten oder Gewalttaten.

Medienmitteilung

Anti-Rassismus-Strafnorm: Ein Ja stärkt die Schweizer Demokratie

4. Februar 2020

Die Schweiz als Vorbild der Demokratie hat Aufholbedarf: In den meisten Ländern Europas sind Lesben, Schwule und Bisexuelle vor Diskriminierung geschützt. Hierzulande sind sie öffentlichen Aufrufen zu Hass und Hetze ausgesetzt. Und das legal, weil unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Doch das Recht auf freie Meinungsäusserung darf das Recht auf Leben und Liebe nicht beschneiden. Besonders dann, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Darum bedeutet am 9. Februar ein Ja zur Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm auch ein Ja zur Schweizer Demokratie.

Text: Predrag Jurisic
Bild/Grafik: Kampagnen-Komitee «Ja zum Schutz»

Im europäischen Ranking der LGBTI-Freundlichkeit liegt die Schweiz auf Platz 28 von 49. Die ILGA-Europe – die europäische Vertretung der «International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association» (ILGA) – ermittelt jedes Jahr die LGBTI-Rechtslage in sechs Kategorien, unter anderem die rechtliche Gleichstellung, den Schutz vor Diskriminierung oder den Schutz vor Hassverbrechen. Beim letzten Punkt belegt die Schweiz zusammen mit 13 weiteren Ländern den letzten Platz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil den Behörden zur Ahndung und Erfassung von Hassverbrechen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen die rechtliche Grundlage fehlt. Darum unterstützt die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen (Aidshilfe St.Gallen-Appenzell/AHSGA) am 9. Februar ein Ja zu mehr Schutz vor Hass und Diskriminierung.

COMOUT – ein Schulprojekt für gegenseitigen Respekt

In der täglichen Arbeit an Schulen treffen die Fachmitarbeitenden oft auf stereotype Geschlechterrollen sowie toxische Frauen- und Männerbilder. Dazu gehört auch die Vorstellung, Homo- oder Bisexualität sei wähl- oder heilbar und unnatürlich. Oft reicht dabei ein Vergleich von blau- und braunäugigen Menschen: Die sexuelle Orientierung ist ebenso wenig beeinflussbar wie die Augenfarbe von Menschen. Somit kommt ein Angriff auf die sexuelle Orientierung einem Angriff auf das Wesen und Sein eines Menschen gleich und ist nicht vergleichbar mit selbst wählbaren Entscheidungen und Handlungen.

Um Klischees und Vorurteilen zu begegnen, führt die AHSGA jährlich rund 100 COMOUT-Einsätze an Schulen in den Kantonen St.Gallen und beider Appenzell durch. Bei einem solchen Einsatz besucht jeweils eine schwule und/oder lesbische Person zwischen 20 und 35 Jahren eine Schulklasse oder Jugendgruppe. Dabei vermittelt sie Basiswissen zur Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Auch berichtet sie aus ihrem Leben und gibt so einen Einblick in homosexuelle Lebenswelten. Die Schüler*innen können Fragen stellen, aber auch ihre eigenen Vorstellungen und Unsicherheiten zu diesem Thema in einer respektvollen Atmosphäre äussern.

Mehr Lebensqualität

Hass und Hetze spalten einerseits die Gesellschaft und schaden dem sozialen Zusammenhalt. Andererseits wirken sie sich in Bezug auf Homophobie negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Lesben, Schwulen und Bisexuellen aus: Ängste, Depressionen oder Suizide treten im Vergleich zur heterosexuellen Bevölkerung signifikant häufiger auf. Wie eine italienische Metastudie von 35 internationalen Studien zeigt, ist die Suizidversuchsrate bei LGBTI-Jugendlichen vier- bis sechsmal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Die Ursache dafür sei nicht auf die sexuelle Orientierung oder Identität zurückzuführen, sondern liege vielmehr in der öffentlichen Feindseligkeit sowie der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber LGBTI-Menschen.

Ein Ja am 9. Februar ist darum ein wichtiges Signal der Gesellschaft für mehr Lebensqualität: Wer sich nämlich akzeptiert und sicher fühlt, lebt gesünder und unbeschwerter. In den USA zum Beispiel ist die Anzahl selbstmordgefährdeter LGBTI-Jugendlicher um 14 % zurückgegangen, nachdem die Ehe für alle eingeführt worden war.

Kein Sonderrecht, sondern die Schliessung einer Gesetzeslücke

Auch bei der Einführung des Frauenstimmrechts war die Schweiz lange eines der internationalen Schlusslichter. Fast ein Jahrhundert dauerte es, bis sich die Frauen 1971 das Stimm- und Wahlrecht erkämpfen konnten – trotz heraufbeschworener negativer Folgen. Heute wissen wir: Die Neuerung hat sowohl die Demokratie als auch die Gesellschaft bereichert und gestärkt.

Wie es damals Frauen im gegnerischen Lager gab, so gibt es auch heute Kritiker*innen aus der eigenen Community, die eine Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm ablehnen. Sie wollen kein Sonderrecht, weil ihrer Meinung nach Lesben, Schwule und Bisexuelle heutzutage längst akzeptiert und nicht mehr benachteiligt seien.

Diese Behauptung wiederum ist falsch: Erst letzten Frühling hat das Bundesgericht geurteilt, dass Arbeitgeber Schwule und Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung weiterhin diskriminieren dürfen, da sie der Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes davor nicht schützt. Dann war noch der Appenzeller PNOS-Aktivist, der straflos davongekommen ist, nachdem er 2018 ein homophobes Pamphlet auf der Partei-Homepage publiziert hat: In diesem forderte er ein Verbot der Homosexualität in der Öffentlichkeit, eine Homo-Heilung und eine Homo-Steuer. Ferner warf er Homosexuellen vor, «Pionierarbeit für Pädophilie» zu leisten. Oder der GLP-Politiker Michel Rudin und sein Begleiter, die in einem Restaurant in Lyss den ganzen Abend lang beleidigt wurden, bloss weil sie schwul sind. Oder der muslimische Vater, der Oktober 2019 seinem schwulen Sohn die Kehle aufgeschlitzt hat. Oder wie jüngst in Zürich die homophoben Gewalttaten an Silvester.

Das sind nur ein paar Beispiele, wie Hass und Hetze in der Schweiz im Alltag Lesben, Schwule und Bisexuelle ängstigen und verunsichern. Amnesty International begrüsst darum die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm als «längst fällige Schliessung einer gravierenden Gesetzeslücke»: «Öffentliche Aufrufe zu Hass und Hetze verletzen grundlegende Rechte der Betroffenen und fallen daher nicht unter das Recht auf freie Meinungsäusserung.»

Warum es kein Zensurgesetz ist

Gegner*innen führen im Abstimmungskampf mehrere Gefahren ins Gefecht, wonach die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm ein Zensurgesetz sei: Da ist die Rede vom Angriff auf die Meinungs-, Glaubens-/Gesinnungs- und Gewerbefreiheit.

Doch keine Angst: Stammtischwitze oder flapsige Sprüche im Freundeskreis bleiben nach wie vor erlaubt. Ausschliesslich strafbar sind Hass und Hetze, weil sie die Menschenwürde verletzen und Gewalttaten begünstigen. Überdies sind Hass und Hetze keine Meinung, sondern ein Straftatbestand, wie das bereits gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen gesetzlich gilt.

Was die Glaubens- und Gesinnungsfreiheit angeht, so bleibt diese nach wie vor geschützt: Jede*r darf das glauben oder denken, was sie*er glauben oder denken möchte. Dazu gehört auch das Zitieren bestimmter Bibelstellen in diesem Kontext. Was nicht geht, wäre nach dem Zitieren solcher Stellen ein Aufruf zur Bekämpfung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.

Daneben wenden Kritiker*innen oft ein, dass die bestehende Anti-Rassismus-Strafnorm beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund dennoch nicht davor schützt, aufgrund ihrer Herkunft eine Wohnung oder Arbeitsstelle nicht zu erhalten. Das stimmt. Allerdings können Medien, die solche Missstände mit verdeckter Recherche aufdecken, entsprechend fehlbare Unternehmen anzeigen und Betroffenen damit Schutz gewähren.

Gesetz als soziale Kontrolle und Gewaltprävention

Wer heute angegriffen oder persönlich beleidigt wird, kann sich gesetzlich jetzt schon wehren. Aber dann ist es schon zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits ein psychischer oder physischer Schaden entstanden ist. Darum reichen die bestehenden Gesetze nicht aus, da Hass und Hetze derzeit legal möglich sind, sodass die Hemmschwelle für Mobbing, tätliche Angriffe oder gar Mordversuche besonders tief ist.

Die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm dient darum auch der sozialen Kontrolle bzw. der Gewaltprävention – ob in Schulen, am Arbeitsplatz oder in Vereinen: Lehrpersonen, Arbeitgeber, Personalverantwortliche oder Vereinsvorstände sind künftig angehalten, diskriminierendes Verhalten anzugehen. Derzeit herrscht häufig eine hilflose Ignoranz und Untätigkeit gegenüber homophoben Äusserungen. Mit dem neuen Gesetz haben die Verantwortlichen ein Regelwerk zur Hand, auf das sie sich stützen können – wie das bereits der Fall ist, wenn es um rassistische oder anti-religiöse Äusserungen geht: Hier intervenieren die Verantwortlichen auch, ohne zu zögern, und unterbinden ein diskriminierendes Verhalten oder Gewalttaten.

Medienmitteilung

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