Beim Thema Sexualität existieren weitere Tabuthemen in Alters- und Pflegeheimen, die sich teils aufgrund fehlenden Wissens hartnäckig halten. Dazu gehören:
- Bi- und Homosexualität
- HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (STI)
- Umgang mit Pornografie und gesetzliche Bestimmungen
- Geschlechtsidentität (Transgender)
Bi- und Homosexualität sind weder krank noch pervers
Weil die menschliche Sexualität nicht schwarz-weiss ist, gibt es auch verschiedene sexuelle Orientierungen: Hetero-, Bi- und Homosexualität. Alle Varianten sind dabei gleichwertig. Bi- und Homosexualität sind also weder eine Krankheit noch eine Perversion, sondern gehören zur menschlichen Sexualität dazu, seit es die Menschheit gibt. Dies gilt es, im beruflichen Alltag zu respektieren und Diskriminierungen diesbezüglich vorzubeugen.
Diskriminierung wegen HIV aus falscher Angst
Aus falscher Angst vor einer Ansteckung finden immer wieder Diskriminierungen gegenüber HIV-positiven Menschen durch das Pflegepersonal statt. Diese Angst basiert auf einem veralteten oder falschen Wissen: HIV-positive Menschen, die in einer erfolgreichen Therapie sind, stecken niemanden an. Auch bei ungeschütztem Sex nicht, geschweige denn im normalen Pflegealltag. Die üblichen Hygienemassnahmen der Pflege reichen also völlig aus.
HIV-Risiken bestehen daher nur auf diesen Wegen, sofern eine Person HIV-positiv und nicht behandelt ist (= keine HIV-Medikamente einnimmt):
- Ungeschützter Anal- oder Vaginalverkehr
- Stichverletzungen mit Injektionsnadeln bei einer Blutabnahme/Transfusion etc. oder Teilen von Spritzbesteck beim Drogenkonsum
- Mutter-Kind-Übertragung bei Schwangerschaften, Geburt oder beim Stillen
Beratung zu STI und Tests
Andere sexuell übertragbaren Infektionen (STI) lassen sich schon beim Küssen, Streicheln oder Oralsex übertragen, nicht nur beim eindringenden Geschlechtsverkehr ohne Kondom. Weil die STI wie Chlamydien, Gonorrhö (Tripper) oder Syphilis meistens symptomlos verlaufen und sich erst zu einem späteren Zeitpunkt zeigen, kann eine professionelle Beratung samt Tests hilfreich sein. Besonders bei sexuell aktiven Bewohner*innen einer Institution.
Umgang mit Pornografie und gesetzliche Bestimmungen
Smartphones, Tablets oder persönliche Computer mit Internetzugang ermöglichen jederzeit den Zugang zur Pornografie – auch in einer Pflegeeinrichtung. Manchmal ist der Konsum von Pornografie überhaupt die einzige Möglichkeit, Sexualität noch mit anderen Sinnen zu erleben als nur mit sich selber. Es ist deshalb wichtig, dass eine Institution klare Regeln im Umgang mit Pornografie hat. Diese sollten etwas über die Nutzung, den Ort und die gesetzlichen Bestimmungen aussagen.
Laut den gesetzlichen Bestimmungen der Schweiz sind diese Formen der Pornografie illegal:
- sexuelle Darstellungen mit Tieren
- sexuelle Darstellungen mit Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren
- sexuelle Darstellungen mit Gewalttätigkeiten zwischen Erwachsenen
Verstösse dagegen unterliegen dem Strafgesetz und werden von der Polizei geahndet.
Im Falle einer möglichen Pornosucht ist es ratsam, Expert*innen zu Verhaltenssüchten zu kontaktieren und weitere Massnahmen einzuleiten. Sollte eine Institution Kenntnisse haben, dass Kinderpornografie benutzt wird, muss sie aktiv etwas unternehmen, da dies den Tatbestand eines Offizialdelikts darstellt.
Geschlechtsidentität: Transgender, Transidentität
Gemäss Schätzungen leben in der Schweiz ungefähr 40’000 trans Menschen. Dies entspricht etwa einem halben Prozent der Schweizer Bevölkerung. Transgender Network Switzerland (TGNS) geht von einem halben bis drei Prozent der Bevölkerung aus.
Trans Menschen oder Transgender sind Menschen, deren inneres Wissen, welches Geschlecht sie haben (Geschlechtsidentität), nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.